Die DNA der digitalen Sicherheit: Warum ohne Identity and Access Management (IAM) nichts mehr geht
Identity and Access Management (IAM) schützt Unternehmen vor Cyberangriffen und Datendiebstahl. Doch es sorgt nicht nur für mehr IT-Sicherheit, sondern auch für reibungslose Abläufe und agiles Arbeiten.
Das Jahr 2025 war gerade mal ein paar Wochen alt, da war es schon wieder so weit: Der Chemiekonzern Covestro musste zugeben, Opfer eines Cyberangriffs geworden zu sein. Ein Sprecher bestätigte einen „unbefugten Zugriff auf einen Logistikserver in den USA“, bei dem „einige Daten extrahiert“ worden seien. Die Ursache? Hacker hatten eine Sicherheitslücke in einer Software für Datentransfers ausgenutzt.
Damit ist Covestro kein Einzelfall. Im Juli 2024 wurde das schwäbische Softwareunternehmen Teamviewer Opfer eines Hackerangriffs – mit Anmeldedaten eines Mitarbeiters. Im Februar 2024 legte ein Cyberangriff die Produktion des schwäbischen Batterieherstellers Varta wochenlang lahm. Und im November 2023 stellten Hacker mehr als 144.000 Datensätze des Kontowechsel-Dienstleisters Majorel ins Darknet.
Solche Angriffe sind längst die Regel – und keine Ausnahme mehr. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wurde in den vergangenen zwei Jahren mehr als jedes dritte Unternehmen hierzulande Ziel einer Hackerattacke. Der Branchenverband Bitkom beziffert den Schaden durch Cyberkriminalität für deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr auf 179 Milliarden Euro.
Trotz solcher Zahlen betrachten viele Unternehmen Cybersicherheit weiterhin als reinen Kostenfaktor – dabei müsste sie längst als strategische Notwendigkeit begriffen werden. Oder wie es Claudia Plattner, Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), im Februar im „Handelsblatt“-Interview ausdrückte: „Es ist deutlich günstiger, sich vorher zu schützen, als nachher dem Angriff ausgesetzt zu sein.“
Genau hier setzt Identity and Access Management (IAM) an. Laut einer Umfrage der IT-Beratung Core Security halten zwar 90 Prozent der Unternehmen IAM für einen zentralen Bestandteil ihrer Cybersicherheitsstrategie. In der Praxis hapert es allerdings oft an der konsequenten Umsetzung. Zwar wächst das Bewusstsein für den Schutz digitaler Identitäten, doch viele Unternehmen vernachlässigen die strategische Weiterentwicklung. Ein Risiko, das sich zunehmend rächt.
IAM: Ein Thema, das wichtiger ist denn je
Immer mehr Unternehmen verlagern ihre IT in die Cloud – doch Identitäten in der Cloud zu schützen, ist deutlich schwieriger als in einer klassischen On-Premises-Umgebung. Während in lokalen Netzwerken Sicherheitsmechanismen wie Firewalls oder VPNs eine Schutzschicht bilden, sind Cloud-Anwendungen von überall erreichbar. Die Folge: Die Identität eines Nutzers ist oft die einzige Barriere zwischen Angreifern und sensiblen Daten.
Wie dringend das Thema ist, zeigt auch eine Studie des IT-Beratungshauses IDC. Für „The Future of Access Management“ befragten die Berater mehr als 600 internationale Unternehmen zu den größten Herausforderungen im Bereich IAM. Das Ergebnis: Die größten Sicherheitsrisiken gehen inzwischen nicht mehr von klassischen IT-Systemen aus, sondern von bestimmten Nutzergruppen.
Besonders gefährdet sind demnach hybrid und remote arbeitende Mitarbeitende sowie Partner, Lieferanten und externe Dienstleister. Der Grund: Klassische IT-Sicherheitsarchitekturen wurden vor allem für interne Netzwerke entwickelt. Doch in modernen Unternehmen greifen Mitarbeitende und Partner von überall auf die Systeme zu, oft mit privaten Geräten oder über eigene WLAN-Verbindungen – und die sind meist schlechter geschützt.
„Bring Your Own Device“ (BYOD) macht Unternehmen zusätzlich anfällig. Private Laptops, Tablets und Smartphones erfüllen meist nicht die hohen Sicherheitsstandards der firmeneigenen IT. Dadurch steigt das Risiko, dass Schadsoftware unbemerkt eindringt oder Angreifer Zugriff auf sensible Daten erhalten.
Außerdem nimmt die Zahl KI-gestützter Cyberangriffe rasant zu. Phishing-Mails sind immer schwerer zu identifizieren, Deepfake-Technologien können Stimmen und Gesichter täuschend echt nachahmen – und sogar Sicherheitsmechanismen wie Sprachverifikationen umgehen.
Deshalb betrifft IAM nicht nur Großkonzerne oder regulierte Branchen, sondern jedes Unternehmen, das digitale Systeme nutzt. IAM ist kein „Add-on“ mehr. Es ist das Fundament, auf dem sichere digitale Zusammenarbeit basiert. Und damit ist es nicht mehr ein rein technisches Thema. IAM ist eine Frage der Strategie und Kultur.
IAM: Drei Säulen für sicheres Zugriffsmanagement
IAM besteht aus drei zentralen Säulen, die nur gemeinsam für umfassenden Schutz sorgen:
1. Identity Governance and Administration (IGA): Hier geht es darum, Identitäten und Benutzerkonten, Passwörter und Rollen zu verwalten und zu autorisieren. Beispiel: Wer in ein Unternehmen eintritt, muss in alle relevanten Systeme aufgenommen werden – und wer das Unternehmen verlässt, muss auch wieder entfernt werden. Andernfalls entstehen Schattenkonten – ein hohes Sicherheitsrisiko.
2. Access Management: Nur berechtigte Personen erhalten Zugriff auf Anwendungen, Daten und Systeme – und das in Echtzeit, etwa durch Technologien wie Single Sign-On (SSO) und Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA).
3. Privileged Access Management (PAM): In jedem Unternehmen gibt es administrative und privilegierte Konten, etwa für IT-Administratoren oder externe Dienstleister. Klar ist: Diese brauchen besonderen Schutz, andernfalls können Angreifer tief ins System eindringen.
Warum IAM mehr als nur Sicherheit bietet
Ein effizientes IAM-System schützt nicht nur vor Datenlecks und Identitätsdiebstahl. Es stellt auch sicher, dass nur autorisierte Personen Zugriff auf die Systeme erhalten.
Gleichzeitig ermöglicht es Unternehmen, flexibler und produktiver zu arbeiten. Statt für jede Anwendung eigene Zugangsdaten zu verwalten, melden sich Mitarbeitende einmal an und erhalten sicheren Zugriff auf alle relevanten Systeme. Automatisierte Zugriffskontrollen reduzieren administrative Hürden, ermöglichen sicheres, standortunabhängiges Arbeiten und binden externe Partner nahtlos in Prozesse ein. Das spart Zeit, reduziert Sicherheitsrisiken und entlastet die IT-Abteilung.
Auch für Kunden kann IAM die Interaktion vereinfachen. Unternehmen, die beispielsweise Social-Media-Identitäten als Login-Option anbieten, senken die Hürden bei der Nutzeranmeldung – und minimieren gleichzeitig Sicherheitsrisiken durch schwache Passwörter oder Mehrfachkonten.
In einer vernetzten Arbeitswelt ist ein durchdachtes IAM damit nicht nur eine Sicherheitsmaßnahme – sondern ein Beschleuniger für digitale Geschäftsabläufe.
Hinzu kommt: Unternehmen werden zunehmend mit strengeren Datenschutzanforderungen konfrontiert, von der DSGVO bis zu branchenspezifischen Sicherheitsrichtlinien. IAM hilft dabei, den Überblick über Berechtigungen und Identitäten zu behalten – und regulatorische Probleme zu vermeiden.
Einmal eingeführt, ist IAM kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. IT-Teams müssen Identitäten und Zugriffe regelmäßig prüfen und an neue Gegebenheiten anpassen. Mitarbeitende wechseln Positionen, Projekte enden, neue Partner kommen hinzu – jede dieser Veränderungen erfordert eine präzise Steuerung der Zugriffsrechte. Dabei gilt: Je besser die Architektur von Beginn an durchdacht ist und je mehr Automatisierung genutzt wird, desto geringer ist der laufende Aufwand.
Zugegeben: Die Einführung erfordert Investitionen – personell wie finanziell. Doch langfristig zahlt sie sich aus: Sie minimiert Sicherheitsrisiken, reduziert IT-Komplexität und garantiert, dass Mitarbeitende und Partner produktiv kooperieren.
IAM ist damit weit mehr als ein IT-Projekt. Es ist die DNA der digitalen Sicherheit. Ohne ein sicheres Zugriffsmanagement bleibt digitale Transformation ein leeres Versprechen – und digitale Zusammenarbeit ein unkalkulierbares Risiko.